Kronacher Kunstverein e. V.

2022 April, Mai



Magda Korsinsky, Sophie Utikal und Hannes Uhlenhaut

3. April - 1. Mai 2022
Grafik, Textilkunst, Porzellan

Titel: „Heldinnen - Cranach Transfer 2022“



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Magda Korsinsky









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Hannes Uhlenhaut












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Sophie Utikal










Welche Relevanz hat das Frauenbild Lucas Cranachs d.Ä. für die Gegenwartskunst? Wo gibt es Bezüge? Und wo fundamentale Unterschiede? Was bedeutet Weiblichkeit und Frau-Sein heute? Diesen Fragen spürt die aktuelle Ausstellung „Held:innen“ des Kronacher Kunstvereins nach. Die sagenhaften Venus-Darstellungen Cranachs, deren Körper durch transparente Schleier akzentuiert werden, finden eine zeitgenössische Übersetzung in den Arbeiten von Sophie Utikal. Wie Cranach setzt sie auf die innere Kraft eines weiblichen Körperwissens. Ihre selbstbewussten Figuren, meist Selbstporträts, bestehen aus Schichten genähter Stoffe in der traditionellen kolumbianischen Arpillera-Technik. In ihren quiltartigen Textilobjekten zeigt sie die Stärke und Schönheit weiblichen Ausdrucks. Und sie zeigt - wie auf dem Foto - die Quelle dieser Kraft in Bildern von weiblicher Übereinkunft und Zusammenhalt, der Fähigkeit zu Selbstliebe und Liebe, zu Empathie und Kommunikation. Wie wichtig dabei eine tragende (gesellschaftliche) Basis und der Konsens für das weibliche „Empowerment“ sind, visualisiert Hannes Uhlenhaut in der Ausstellung unter anderem mit seinen kunstvoll in Manufakturarbeit hergestellten High-Heels aus Porzellan, deren Absätze zwar zunächst gebrochen wurden, die aber - wenngleich die Brüche noch sichtbar sind - repariert und stabil sind. Das Weibliche als Objekt der Begierde und Opfer nimmt in den Werken von Magda Korsinsky eine wesentliche Rolle ein. Ihre Installationen zeichnen sich durch eine sorgfältige Annäherung an das Thema aus. In ihren Text- und Bildarbeiten ergründet sie Themenkreise wie Sexismus, Rassismus, Diversität und Gender-Ungerechtigkeit. Die Ausstellung will neue Sichtachsen öffnen, inspirieren und zur Diskussion anregen.


Impressionen der Vernissage

Vernissage: 3. April, 17:00 Uhr

Kuratorin: Dr. Phil. Lily Fürstenow-Khositashvili




















Kuratorin: Dr. Phil. Lily Fürstenow-Khositashvili















 

 
Heldinnen der Gegenwart

Welche Relevanz haben die Frauenportraits Lucas Cranachs aus heutiger Sicht?
Wie hat sich das Selbstverständnis von „Frau“ seit der Renaissance gewandelt?
Diesen Fragen spürt die Ausstellung „Held*innen - Cranach Transfer 2022“ im Kronacher Kunstverein nach.

Wer sich ein wenig mit dem Werk Lucas Cranachs (1472 - 1553) auseinandersetzt, der kennt sie: die stilprägenden Darstellungen von Frauen und Weiblichkeit. Unter den zahlreichen Sujets, denen sich Cranach widmete, sind u.a. Venus und Lucretia in vielerlei Varianten zu finden: die Göttin als Inbegriff des Verführerischen und gefährlich Lasterhaften, die mythische Römerin als Symbol der tugendhaften Gattin. Zwischen diesen Polen oszillieren in Cranachs Frauenbildern protestantisch verhaltene Sinnlichkeit ebenso wie offensive Nacktheit, die das männliche Auge bedient, und nur - alibiartig - durch andeutungsweise vorhandene Schleier verhüllt ist. Daneben fasziniert seine detailreiche Ausgestaltung von Schmuck, Haarnetzen und opulenten Roben - oft Sinnbild einer inneren Haltung.

Welche Relevanz haben Cranachs Frauenporträts für die Gegenwart? Und wie verändert unser heutiges, aufgeklärtes und durch die feministische Bewegung geprägtes Selbstverständnis den Blick auf Cranachs Werk? Sehen wir die Frauenportraits des großen Renaissancemalers heute anders als die Menschen in den Tagen, die von Martin Luthers transformativen religiösen Lehren inspiriert waren? Was genau macht diesen Unterschied aus? Diesen Fragen spürt eine Ausstellung im Kronacher Kunstverein nach.

Der Verein nimmt das diesjährige Cranach-Jubiläumsjahr zum Anlass, in einem Ausstellungszyklus Bezüge zwischen dem berühmten Renaissancemaler und der Gegenwartskunst herzustellen. Unter dem Titel „Held*innen - Cranach Transfer 2022“ beschäftigen sich drei Berliner Künstler - Magda Korsinsky, Hannes Uhlenhaut und Sophie Utikal - mit „Frau Sein“ und den heutigen Attributen des Weiblichen. Kuratiert wird die Ausstellung von Dr. phil. Lily Fürstenow.

Das Weibliche als Objekt der Begierde und Opfer beispielsweise in Gestalt der Lucretia als Symbol für Gerechtigkeit und Verführung, als Allegorie der Vergänglichkeit und Schönheit nimmt in den Werken von Magda Korsinsky eine wesentliche Rolle ein.

„Ihre Installationen zeichnen sich durch eine sorgfältige Annäherung an das Thema aus. Sie basieren auf der Erforschung der Psyche. Ihre Arbeiten bestehen aus ornamentalen Stoffen, die zu quiltartigen Hängeobjekten zusammengenäht sind. Schichten von arabeskenhaften Stofffragmenten korrespondieren mit Schichten von menschlichen Charaktereigenschaften und realen Lebenserfahrungen, die unser Bewusstsein formen“, erläutert Kuratorin Lily Fürstenow.

Cranachs Liebe für die detailreiche Ausgestaltung von Schmuck, Tüchern, Samt und Brokat als
Statussymbol und wichtigem narrativem Element greift Hannes Uhlenhaut mit seinen aus wertvollem sächsischen Porzellan gefertigten Schuhen auf. Lily Fürstenow dazu: „Zerbrechlich und äußerst raffiniert mit blassen Farbschattierungen verweisen sie auf das weibliche Schönheitsideal als flüchtige, vergängliche Erscheinung - und unerreichbares Traumobjekt. Sie sind Luxusobjekte und Waffen der Zerstörung zugleich.

Die sagenhaften Venus-Darstellungen Cranachs, deren Körper durch transparente Schleier akzentuiertwerden, finden eine zeitgenössische Übersetzung  in den Arbeiten von Sophie Utikal. Wie Cranach setzt sie auf die innere Kraft eines weiblichen Körperwissens. Ihre selbstbewussten Figuren, meist Selbstporträts, bestehen aus Schichten genähter Stoffe in der traditionellen kolumbianischen Arpillera-Technik. Kuratorin Fürstenow: „Die Opulenz der Stoffe, die fast greifbare, reliefartige, voluminöse Ausstrahlung und die Fülle der Details stehen für weibliche Charaktere und sagen mehr über die inneren Qualitäten der Porträtierten aus, als Worte es je könnten.“

Die Kuratorin weiter: „Das innere Selbstbewusstsein von Cranachs Frauenfiguren ist für uns heute äußerst relevant und inspirierend. Denn, wenn die Renaissance-Schönheiten über Jahrhunderte hinweg vor allem durch den männlichen Blick festgehalten werden - in den Arpilleras von Sophie Utikal ist es die Künstlerin selbst, die sich nach eigener Lust und eigenem Begehren den Betrachtern offenbart.“ Ihr Resümee: „DieVenus von heute trägt vielleicht keine stark verzierten K opfbedeckungen oder Federn, sie ist nicht einmal unbedingt weiß. Schwerter und Dolche sind keine alltäglichen Kampfrüstungen mehr, aber die Intensität der individuellen menschlichen Erfahrung bleibt immer noch ein essentielles Thema, um das es geht. Im Kontext zunehmender feministischer Kampagnen für Gleichberechtigung erhalten Cranachs Frauenbildnisse eine ganz neue Bedeutung, die sich in den für diese Ausstellung gewählten zeitgenössischen künstlerischen Positionen widerspiegelt, weil sie die kritische Auseinandersetzung mit weiblichen Identitäten auf experimentelle Weise in den Mittelpunkt stellen. Sie machen die verborgenen Sehnsüchte und Traumata im Zeichen von Empowerment und Gerechtigkeit sichtbar."


LED-Kunst im Glaskubus des Kronacher Kunstvereins an der
Siechenangerstraße in Kronach bis 8. Mai 2022

Mit seinem neuen
LED-Objekt
„Demeter“
setzte Karol Hurec ein leuchtendes Zeichen gegen die beiden größten Katastrophen unserer Zeit: Krieg und Umweltzerstörung.
Karol Hurec
erinnerte damit an das göttliche Geschenk von Natur und Leben.


Demeter und die fünfte Jahreszeit, LED-ART-Installation, 3 x 3 x 2,70 m, April 2022



Foto: Kerstin Sperschneider



Pressestimmen:
Kultur 19.04.2022
LED-Kunst - ein leuchtendes Zeichen für Hoffnung

Ausstellung `Demeter` im Kronacher Kunstverein
von Ilse Romahn

Mit seinem neuesten LED-Objekt „Demeter“ erinnert der Licht-Künstler Karol Hurec an das göttliche Geschenk von Natur und Leben - und kritisiert gleichzeitig deren Missbrauch und Zerstörung. Die Arbeit ist jetzt im Kronacher Kunstverein bis 8. Mai 2022 zu sehen.

Das Sternbild Virgo liegt am Südhimmel. Der lateinische Name steht für „Jungfrau“. Der Hauptstern von Virgo ist Spica (Lat.: Kornähre). Er ist einer der hellsten Sterne am Nachhimmel. Der Sage nach stellt die ausgedehnte Himmelsfigur Demeter dar, die griechische Göttin der Fruchtbarkeit, zuständig für den Kreislauf von Geburt und Tod sowie den jahreszeitlichen Ablauf von Saat und Ernte.

Der Göttin aus der griechischen Mythologie widmet der Kronacher LED-Künstler Karol Hurec seine aktuelle Arbeit. „Demeter“ ist ein positiver Appell gegen die beiden größten Katastrophen unserer Zeit: Krieg und Umweltzerstörung. Mit „Demeter“ hat Hurec, mit den Mitteln der Gegenwartskunst, das Siegel für eine universelle Übereinkunft geschaffen, die verspricht, diese „göttlichen Gaben“ zu schützen.

„Im September 2021 habe ich angefangen, Lichtobjekte zum Thema ‚Naturzerstörung‘ unter den Arbeitstitel ‚Demeter‘ zu stellen. Seinerzeit berichteten die Nachrichten über brennende Wälder in Australien, in Kalifornien, Sibirien… jetzt brennt die Ukraine“, erläutert der Künstler. „Menschen verbrennen, verhungern, verdursten, erfrieren. Ich möchte dazu keine schockierenden Bilder zeigen. Nichts zeigen, was wir ohnehin schon wissen. Aber ich möchte mit meinen Lichtobjekten ein Nachdenken provozieren und zu einer ernsthaften Auseinandersetzung anregen; zu einer vernünftigen Betrachtung, in einer klaren Form und Ästhetik.“

Zu sehen ist das drei mal drei Meter große Lichtobjekt im Glaskubus des Kronacher Kunstvereins. In den Abendstunden können es Passanten bereits von der Straße aus betrachten: Ein grüner LED-Doppelring ist das prägende Element der Arbeit. Er symbolisiert mütterlichen Schutz, reiche Fülle und gesunde Natur. Und er steht für Demeter: eine Göttin, Mutter, Frau, die sich um ihre Kinder sorgt. Der leuchtend grüne Ring umschließt die für Hurec’ Objekte typischen, mittig platzierten roten „Doppel-X“. Ob er damit den Code für das weibliche Chromosom „XX“ meint, oder ob er dem Sog einer binären Weltformel (x=xn) folgt, die die digitale Welt des „Alles und Nichts“, der Nullen und Einser, erklärt - das bleibt offen. Flankiert wird der grüne Ring im äußeren Bereich von rotblitzenden Leuchtpunkten. Darunter eine blaue Lichtlinie: ein Zeichen für Hoffnung.

Hoffnung, die auch in der Mythologie rund um Demeter eine tragende Rolle spielt. Ihre Tochter Persephone war von Zeus dem Gott der Unterwelt, Hades, versprochen worden. Der entführte sie. Demeter suchte überall vergebens nach ihrer Tochter. In großer Trauer vernachlässigte sie ihre Aufgaben. Die Pflanzen verdorrten und die Bäume trugen keine Früchte mehr. Schließlich erfuhr sie vom Schicksal Persephones und verlangte ihre Freilassung. Doch diese hatte in der Unterwelt schon etwas gegessen, wodurch ein dauerhaftes Lösen von Hades nicht mehr möglich war. Die Antwort auf das Problem war ein Kompromiss: Persephone sollte fortan abwechselnd ein halbes Jahr bei Hades in der Unterwelt und ein halbes Jahr bei ihrer Mutter im Olymp verbringen. Und so entstanden die Jahreszeiten: Wenn Demeter ihre Tochter vermisst, ist die Jungfrau nicht zu sehen. Das ist im Herbst und Winter der Fall, wenn die Natur still steht. Ist aber Persephone bei ihr, dann leuchtet sie am Himmel und sorgt im Frühling und Sommer für Wachstum und reiche Ernten.

Mit „Demeter“ setzt Karol Hurec seine künstlerische Auseinandersetzung mit Astronomie, Religion und Philosophie fort, die er bereits in seinem Zyklus „Bing Bang Spirit“ begonnen hat. Er verknüpft sie mit seiner Wahrnehmung von Weiblichkeit und Stärke, wie er sie in seiner Serie „Hommage an Mileva Marić“ zum Ausdruck gebracht hat.

Die Kunst von Karol Hurec ist sein Weg, die Welt zu verstehen und Dinge sichtbar zu machen, ins rechte Licht zu rücken, im besten Fall den Funken der Erkenntnis zu entfachen. Seine Malerei, seine Objekte und Installationen haben dabei immer eine tiefe Botschaft. Mal sind es gesellschaftskritische Statements gegen Gender-Ungerechtigkeit, mal gegen Militarismus, Ausbeutung und Atomwirtschaft. Immer wieder sucht er nach dem Ursprung der Welt - mal im kleinsten Atom, mal in den Sternen - versucht Licht und Schatten, das Alles und das Nichts zu verstehen und sichtbar zu machen.

Vor 36 Jahren, als Absolvent der Akademie der Bildenden Künste in München, malte er das „Nichts“ mit weißer Farbe auf weißem Papier. Heute beschäftigt er sich mit dem „Alles“, dem großen Ganzen, das er in seinen LED-Objekten chiffriert. Mit dem für ihn typischen, ästhetischen Minimalismus erfindet Hurec eine künstlerische Bildsprache für die Theorien einer immer komplexer werdenden Welt. En passant schafft er aber auch Kunst, die ganz einfach schön anzusehen ist. Eine Kunst, die das Auge verführt; faszinierende Lichtspektakel auf monochrom gehaltenen Flächen.

Quelle: Frankfurt-Live®
Das Online-Gesellschaftsmagazin aus Frankfurt am Main
Herausgeberin Ilse Romahn